"Corona hat den Überlebenskampf erschwert"

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Unsere Streetworker testen die Besucherinnen und Besucher unseres Streetwork-Cafés wöchentlich mit PoC-Tests auf Corona.

Man hört immer wieder, dass Obdachlosigkeit doch ein Lebensentwurf ist. Wie entgegnen Sie diesen Vorurteilen?

Dass sich Menschen das Leben auf der Straße ausgesucht haben, ist eine absolute Ausnahme. In aller Regel befinden sich Menschen aufgrund von individuellen Schicksalsschlägen in der Obdachlosigkeit. Sowohl der Verlust der Arbeitsstelle, die Trennung von der Familie oder vom Partner, das Entstehen von psychischen Erkrankungen oder die Substanzabhängigkeit können Auslöser sein.

Streetworker Roman Sylejmani

Wie hat sich die Situation für die Menschen seit Corona verändert?

Auch wenn es viele Menschen nicht so empfinden, aber die Schutzmöglichkeit der eigenen Wohnung ist ein hohes Gut – aktuell schützt sie etwa auch vor einer Covid-Infektion. Diese Möglichkeit haben obdachlose Menschen nicht. Obdachlose Menschen sind auf andere Menschen und vor allem auf institutionelle Hilfe angewiesen. Das Hilfesystem ist seit der Pandemie allerdings vielerorts an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. Auch für uns hat sich der gesamte Ablauf verändert. Um unsere Angebote aufrecht zu halten, sind wir mehr als zuvor gefordert.

Welchen Auswirkungen hat die Pandemie auf Ihre Arbeit?

Zu Beginn der Pandemie mussten viele Unterstützungsangebote für wohnungslose Menschen zurückgefahren oder gar eingestellt werden. Wir können mit Stolz behaupten, dass wir weitergemacht und unsere Arbeit noch ausgeweitet haben. Statt einmal täglich mit dem Streetwork-Bus sind wir mindestens zweimal täglich mit dem Lastenrad unterwegs, um Distanz wahren zu können. So erreichen wir teilweise noch mehr Menschen. Und viele, die wir schon lange kennen, sehen, dass wir bei tiefsten Minustemperaturen oder bei strömendem Regen und nicht nur bei Sonnenschein zu ihnen rausfahren. Das Vertrauensverhältnis hat sich auf diese Weise noch einmal intensiviert.

Die Stadt Düsseldorf hat einige zusätzliche Notschlafstellen eingerichtet. Warum schlafen die Menschen dennoch auf der Straße?

In aller Regel sind die Notschlafstellen mit Mehrbettzimmern ausgestattet. Die Sorge vor einer Infektion und die Sorge vor Kriminalität in der Notunterkunft hält viele Menschen davon ab, dort Schutz zu suchen. Zudem wird vielen Menschen aufgrund ihrer Suchtkrankheit der Zutritt zu den zusätzlich eingerichteten Hotelzimmern verwehrt.

Woran merken Sie, wie wichtig Ihre Arbeit ist?

Alles, was wir als wichtig erachten, muss nicht gleich das sein, was andere Menschen als wichtig ansehen.
Die Freude der Menschen über die kleinsten, für uns vielleicht selbstverständlichen Dinge, wie ausreichend Essen oder Trinken und saubere Kleidung, entschädigt unseren Einsatz und motiviert uns weiterzumachen.

Unsere Überlebenshilfe ist ohne Ihre Unterstützung nicht möglich. Damit wir die Grundversorgung und Gesundheitsvorsorge obdachloser Menschen gewährleisten können, benötigen wir Ihre Spende. Helfen Sie uns mit einer Geldspende, um die Kosten für unsere Überlebenshilfe decken zu können.

 

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